Donnerstag, 2. Oktober 2008
denise III
An dem Samstag trafen wir uns dann, so gegen 19 Uhr oder so habe ich sie vom Bahnhof abgeholt.
Ich war eigentlich ganz gut drauf, jedenfalls als ich sie das erste mal sah und darauf hatte ich ja nun nicht gerade kurz gewartet, war ich etwas besänftigt. Sie erklärte mir ihre Umstände und das ihr alles leid tun würde. Ich nahm die Entschuldigung an, alles kein Problem.
Ich nehme es dir nicht übel. Du kannst nichts dafür. Du hast es dir ja nicht ausgesucht.
Wir zogen an dem Abend um die Häuser, ich zeigte ihr die beiden Läden in meiner Stadt die es wert waren gezeigt zu werden und wir tranken uns einen an (nicht mit Ouzo!) weil es doch ungemütlich kalt wurde.
Wir redeten und mir wurde klar das ich mich nicht geirrt hatte, sie war das Mädchen das ich in ihr gesehen hatte und vielleicht noch etwas mehr. Sie war wirklich offen und ging auch auf mich zu, das war sehr viel mehr als ich erwartet hatte, erst recht wenn man bedenkt wie sie sich doch immer scheinbar zurückgezogen hatte.
Nachdem sie mir sagte das sie eigentlich noch zu ein paar Freunden wollte und mich fragte ob ich mitkommen wollte, war ich dann aber überzeugt von ihrer Aufrichtigkeit.
Das hätte sie nicht tun müssen, ich kannte niemanden von ihren Leuten.
Da fing es eigentlich an. Wir stiegen in den Zug, fuhren eine gute halbe Stunde durch die Nacht und stiegen am Westbahnhof hinaus in die Kälte. Denise ruft eine Freundin an um die Adresse klarzumachen, es ist kalt und wir laufen gemeinsam durch die Stadt.
Sie trägt rosa Fingerhandschuhe und einen weißen Schal mit kleinen schwarzen Sternen. Einen pinken „I Love Squaredance“ Kapuzensweater.
Wir kommen in die Strasse suchen die Adresse und stehen vor der Tür. Über einen Haufen Schuhe steigend kommen wir in die Bude und dann stehen wir dort. Ich werde irgendwie wahrgenommen, aber keinen interessiert ob ich da bin oder nicht. Denise begrüsst jeden und ich steh erstmal schön abseits in der Küche.
Wenn jemand wissen will wer ich bin stelle ich mich mit „Denise' Stalker“ vor. Irgendwann läuft dann Karaoke an und ein paar Leute singen. „Singen“. Irgendwoher hab ich ein Bier, bald steht Wodka Redbull neben mir und die Stimmung wird ausgelassen.
Ein paar Freundinnen von Denise sitzen relativ unbeteiligt auf der Couch neben dem Karaoke. Ich setze mich an einen Schreibtisch und hänge mir ein herumliegenden Stethoskop um, nach ein paar Minuten kommt Denise zu mir.
Sie setzt sich auf den Tisch und stützt ihre Beine auf mich. Ich mag das sie mir das Gefühl geben will das ich nicht allein bin. Später sehe ich ihr zu wie sie Karaoke singt, mir gefällt nicht das sie von so einer aufgegelten Schleimspur die auch noch zwei Köpfe grösser ist als sie betatscht wird. Die Freundinnen auf der Couch daneben sehen so mit einem Auge hin und mit einem weg. Ich trinke mehr und zieh mich in die Küche zurück. Quatsche ein bisschen Blech und rauche eine (zu dem Zeitpunkt hatte ich schon fast 6 Wochen keine mehr gequarzt).
Denise ist weg und bald wieder da. Ich versuch ihr nicht zu sehr am Rockzipfel zu hängen.
Ich gebe den Lässigen und quatsche mit so einer blasierten Freundin von ihr, während zwei geistige Charakterpfannkuchen neben uns in der Küche nacheinander in ein Alkoholmessgerät blasen. In das selbe Mundstück. Naja, denke ich mir, ihr lernt es auch noch. Interessiert betrachten die beiden den Anzeigewert während ich mich zu höherer Literatur äussere um eben diese Freundin von Denise zu unterhalten.
Irgendwer mit Briskfrisur trinkt Wodka aus einem Nachttopf für Kinder.
Alle haben Spass. Denise taucht neben mir auf.
Wir verziehen uns in ein Nebenzimmer und bestaunen die Trainingsbank des Gastgebers. Sitzen an seinem PC und tauschen StudiVz-Gruppen aus. Irgendjemand klopft an die Tür. Ich sage sowas wie „na das Klopfen halte ich jetzt aber für ne Unterstellung“, Denise lächelt. Was der Typ wollte hab ich vergessen. Vielleicht nur mal an den PC? Nach dem rechten sehen?
Später dann werd ich zum Foto Deppen weil mich ja eh keiner kennt und so bin ich prädestiniert zum Foto machen. Denise quirlt irgendwo rum, alle machen los zum Stempel holen. Nach und nach wird die Bude leer. Irgendwann davor oder danach hat irgendsoein Typ mit Milchgesicht Denise hinter sich am Handgelenk aufs Klo gezerrt, ich und eine Freundin von ihr stehen an um aufs Klo zu gehen und sehen es.
Eigentlich hab ich nur einen pinken Streifen wahrgenommen und wie die Tür verschlossen wurde. Ein paar Minuten. Das Karaoke verstummt zwischen zwei Titeln, ich lehne mit dem Ohr am Türrahmen. Niemand spricht im Bad. Kein Geräusch. Es ist still auf der Nasszelle. Die Tür geht auf und Denise kommt heraus, der Blick verfolgt mich noch nach ein paar Monaten. Sie starrt ins garnichts, geht wieder eilig Richtung Wohnzimmer, ihre Freundin grinst mich an, so nach dem Motto „Haste das gesehen? Diese Denise...“
Ich dreh mich Richtung Bad weil ich jetzt echt mal müsste und seh das Milchgesicht grinsend am Waschbecken.
Dann steh ich vor dem Pissoir und versuch zu ordnen was gerade passiert ist. Ich komme wieder aus dem Bad, nur noch wenige da. Alle Richtung Stadt in die nächste Zappelbaracke. Na geil, wo ist Denise?
Schon weg. Ich seh ihre Schuhe nicht mehr vor der Tür stehen. Die Treppen hinunter, vor dem Haus steht sie mit dem Typen der vorhin angeklopft hatte. Der schien mir noch am wenigsten daneben von ihren Freunden. Alle wackeln Richtung City.
Denise kommt zu mir, ich glaube sie bietet mir an das ich bei ihr schlafen könnte. Einen Zug dürfte ich nicht mehr wirklich bekommen um die Uhrzeit. Wir stehen alle vor dem Laden, irgendwo klemmt es und nach ein paar Minuten seilt sich Denise ab.
Ich folge ihr und wir landen in einem anderem Laden. Sie stellt sich nicht an, sondern kennt irgendjemaden weiter vorn in der Schlange. Wir stehen dicht gedrängt hintereinander, ihr Haar duftet.
In dem Laden kennt sie dann wie schon erwartet jeden zweiten. Ich sehe wie sie jeden grüsst. Alle nehmen mich irgendwie wahr, keiner fragt wer ich bin. Dann sitzen wir irgendwo, Denise sitzt auf meinem Oberschenkel und ich biete einer Freundin von ihr meine Tüte mit den Macadamia Nüssen an. Wir quatschen irgendwas, trinken.
Denise geht abtanzen.
Man lässt sich mal kurz in Ruhe. Nach ein paar Minuten sehen wir uns wieder. Sie nimmt mich mit auf die hinterste Tanzfläche,
dort befinde ich die Mucke für unerträglich und wir quetschen uns wieder zurück an den Leuten die uns noch vor einer Minute durchgelassen haben. „Ich möchte gehen“.

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