Donnerstag, 2. Oktober 2008
denise IV
An der Gaderobe dann steht Denise neben einem Typen und schaut ihm tief in die Augen, ich und ihre Freundin ziehen unsere Jacken über. Ich hätte am liebsten sowas gesagt wie “Aber blickficken reicht erstmal oder?”, aber verkneife mir das. Irgendwie spielt sie da ihr eigenes Spiel, und die Regeln kennt wohl nur sie selbst. Gemeinsam mit ihrer Freundin und deren Freund wackeln wir wieder in die Wohnung, meinen Rucksack holen. Ich ernte noch ein fettes Grinsen von der Freundin als ich mich mit Denise verabschiede um sie nach Hause zu bringen.
Auf dem Weg zu ihr beeilen wir uns weil es immer kälter wird. “Möchtest du noch etwas essen?”, fragt sie als wir uns so ein paar halbverfallene Treppen heraufquälen. Tja, denke ich mir. Da ist ja wieder das Mädchen mit dem ich heute den Abend begonnen habe. Wo war sie nur?
Dort in dem Haus war sie mal Babysitter, erklärt sie mir noch während wir
in ihre Strasse kommen.
Hätte ich etwas mehr Grips dann wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt ihr zu sagen das ich unmöglich mit hineinkommen kann.
Ich hab aber keinen Grips. An ihrer Haustür werde ich hineingebeten,
ich gehe mit ihr hoch auf ihr Zimmer. Sie hatte nicht übertrieben als sie sagte das sie ihren Raum gern verwüstet.
Aber das finde ich in dem Moment eher nicht so bedeutend. Da gab es ganz andere Sachen. Ich setze mich an ihren Schreibtisch und Denise zeigt mir ein paar ihrer Zeichnungen, alle wirklich sehr gut.
Aber ich bin schon ein bisschen ermattet von dem Abend und frage sie wo ich nun schlafen gehen kann. “Neben mir, wirklich es macht mir nichts aus”, bekomme ich als Antwort. Sie liegt schon im Bett als ich aus dem Bad komme und ich sehe das da genug Platz ist um sich freundschaftlich aus dem Weg zu gehen.
Also lasse ich ein zweites Mal so früh am Morgen Hirn vermissen und lege mich neben sie. Ein Kuss auf die Stirn, gute Nacht. Eingeschlafen.



Aufgewacht. Es ist ziemlich kalt, ich erinnere mich das ich die Heizung abgedreht habe als ich mich an ihren Schreibtisch gesetzt hatte. Denise schläft mit dem Rücken zu mir noch als vor der Zimmertür gesprochen wird. Ihre Eltern sprechen vor der Tür griechisch, kein Grund nicht weiterzuschlafen sage ich mir und drehe mich wieder ins Bett.
Zumindest will ich aber wissen wie spät es wohl ist, beuge mich über Denise die ein bisschen mitgenommen aussieht. Sie hatte mir gesagt das sie schlecht geschlafen hatte in den Nächten davor, also versuche ich sie dabei nicht aufzuwecken.Der Wecker steht auf einer kleinen Kommode neben dem Bett ich beuge mich Richtung Wecker, liege halb auf ihrer Seite und sehe auf ihre Unterarme. Auf Fotos war mir nie etwas aufgefallen, sie trug gestern Abend wie schon beschrieben einen langärmligen Sweater, und als sie sich vor mir auszog schaute ich nicht unbedingt auf ihre Unterarme. Lange rötliche Schnitte, nicht besonders tief da sie dafür nicht rot genug sind. Ich habe mich mal mit einem Rasiermesser in die Fingerkuppen geschnitten und das dauerte 2 Wochen bis ich wieder etwas angreifen konnte mit den beiden Fingern.
Ihre Unterame sehen aus als hätte sie sich dabei Mühe gegeben, es gibt zwar kein Muster jedoch sieht jeder Schnitt aus als wäre er genauso lang und tief wie der andere. Ich lasse mich wieder ins Bett zurückfallen und betrachte ihr Haar und ihren Nacken. Vielleicht eine halbe Stunde lang. Ein paar mal denke ich sie ist vielleicht gleich wach, doch sie schläft noch weiter. Ich habe die Zeit vergessen die auf dem Wecker stand. Egal wie spät es ist, der Tag ist gelaufen.
Nach und nach zittert sie im Schlaf, ich nehme an es ist weil ich die Heizung abgestellt habe und lege meinen Arm um sie. Nach ein paar Augenblicken wird sie wach. Wir liegen gemeinsam in ihrem Bett in dem ich nichts verloren habe, ihre Eltern sind unten. Das erste was ich sie frage an dem Morgen ist ob ich gehen soll. “Nein, warum?” “Also ich möchte nicht gehen, ich frage nur ob ich soll.”
“Du bist zusammengezuckt während du geschlafen hast, ziemlich oft sogar.” Sie lächelt etwas verschlafen, vielleicht auch etwas verwirrt. “Wieso hast du mir nichts von den Narben auf deinen Armen erzählt?” Denise dreht sich von mir weg, so das sie fast aus ihrem eigenen Bett fällt.
Sie sagt nichts. “Denise?” Sie liegt zwar neben mir, ist aber weit weg. “Ich schäme mich.”
Nach einer Weile reden wir über etwas anderes, die Zeit vergeht.
Wir hören noch etwas Musik und sehen uns einige ihrer Fotoalben an. Dann wage ich doch noch einmal nach dem vorigen Abend zu fragen. Als sie mir auf einem Foto einen Typen zeigt, frage ich ob der gestern auch beim Karaoke war. “Ja, das ist er hier.“ Irgendwie hat der Typ wohl seinen Bruder verloren, Denise versucht mir die Geschichte in so einem
komischen Ton zu erzählen, ich nehme mal an sie versucht die Stimme von dem Typ nachzumachen.
„An einem Abend, das ist schon etwas her, da hat er mir extrem am Arsch geklebt...da wollte er etwas von mir.” Aha, so so. “Am Arsch geklebt.”
Na vielen Dank auch, Denise. Warum sägst du mir nicht gleich noch mit einer rostigen Knochensäge durchs Rückenmark wo du doch gerade so schön dabei bist.
“Und was wollte der Typ der dich aufs Klo geschleift hat?” Denise blickt verloren an die Decke, “der hat halt ne Freundin gesucht.” Ich liege neben ihr, geredet haben wir noch ein bisschen aber keine Ahnung worüber. Als wir dann aufstehen wollen ist die Stimmung einfach nur gedrückt.
Wir wollen eigentlich noch etwas gemeinsam unternehmen, aber ich ahne was noch folgen könnte.
Als ihre Mutter das zweite Mal durch die Tür mit ihr redet verstehe ich zwischen dem Griechisch noch soetwas wie “Baum schmücken”.
Morgen ist Weihnachten.

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